Restauration einer vogtländischen Gitarre im ROGER Stil

von Martin Kemmler

 

Diese vollmassive Gitarre ist bzgl. der Maße einer von Herbert Rittinger restaurierten Migma-Wander identisch (vgl. www.schlaggitarren.de, Gitarren-Restaurationen von Herbert Rittinger). *

Sie war bei einem früheren Restaurationsversuch übel zugerichtet worden:

  • Der Korpus war unfachmännisch abgeschliffen worden;
  • eine Zarge war verzogen und vom Korpus abgelöst;
  • der an sich gerade Hals war zwischen den Bünden tief eingeschliffen;
  • die Bundierung musste erneuert werden;
  • die Hardware fehlte.

Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:

  • Biegen und Neuverleimung der Zarge;
  • Entfernung der Bundierung und des Binding am Hals;
  • Egalisierung Griffbrett und Sägen der Bundschlitze;
  • Anbringen des original Binding am Hals und Anfertigung eines Sattels;
  • neu bundiert, egalisiert, profiliert und poliert;
  • Vorbereitung der Oberflächen und Neulackierung;
  • Steg aus Ebenholz angepasst;
  • Montage eines Schaller Pickups und eines Endpin-Jacks;
  • Anfertigung eines Schlagbretts aus Tortoise in Originalform;
  • Metallteile poliert, montiert, besaitet, eingestellt und gestimmt.[/List]

    Die Stimmstabilität der Gitarre ist ausgesprochen gut, da der Hals äußerst starr ist. Klang und Bespielbarkeit der Gitarre sind hervorragend.

    *Anmerkung Stefan Lob

    Da Wenzel Rossmeisl im Herzen von Markneukirchen die Werkstatt von Peter Harlan übernommen hat, haben viele Handwerker aus der Gegend für Ihn gearbeitet. Nachdem Rossmeisl enteignet wurde und die Werkstatt in den Besitz der MUSIMA überging, haben einige vogtländische Gitarrenbauer noch Gitarren in diesem Roger typischen Stil gebaut (zum Teil aus original, vorgefertigten Teilen).


    © Martin Kemmler

    © Martin Kemmler

Restauration einer Framus Cutaway 5/68

von Martin Kemmler

Dieses substanziell gut erhaltene Framus Modell Cutaway 5/68 (vgl. http://www.framus-vintage.de) erhielt ich von einem Bekannten aus Franken zu einem fairen Preis. Die nachfolgend beschriebene Restauration führte ich für meinen Sohn Lucas durch, der sich zu dieser Zeit auf Klassenfahrt in Frankreich befand.

Die Archtop Modelle Cutaway wurden von 1958 bis 1965 in den Framus-Werken in Bubenreuth hergestellt. Zum Teil wurden massive Fichtendecken verbaut, wie auch in dieser Gitarre. Sie trug noch folgenden Aufkleber, welcher der Restauration zum Opfer fiel: Franz Spengler, Musikinstrumentenbau Nürnberg, Wölkernstraße 22, Tel.: 46654. Dort wurde sie offenbar verkauft.

Vor der Restauration wurde die Gitarre ca. ein Jahr gespielt. Man konnte das Potential am guten Sustain der Bässe erahnen, welches in dieser ca. fünfzig Jahre alten Gitarre schlummerte. Allerdings war der Klang sehr dumpf bzw. arm an Höhen.

Die dunklen Lackschichten der Sunburst Lackierung waren erkennbar zersetzt. Die sehr dick aufgetragene dunkle Originalfarbe war teerartig weich geworden und dämpfte ganz offensichtlich die hohen Frequenzen!

Nach Abschluss aller notwendigen Arbeiten war ich äußerst überrascht über den phantastisch ausgewogenen und brillianten Klang. Auch die Lautstärke und besonders das Sustain haben sich noch einmal verbessert. Ganz offensichtlich hatte der vielschichtig und sehr dünn aufgebrachte neue Nitrocelluloselack diese durchschlagende Verbesserung bewirkt. Mit dem komfortablen Griffbrett (42 mm am Nullbund) und der guten Saitenlage lässt sie sich mühelos spielen. Verstärkt mittels des hervorragenden Bill Lawrence Tonabnehmers kann die Gitarre mit heutigen Archtop Modellen in den oberen Preisregionen mühelos mithalten!

Als mein Sohn Lucas von der Klassenfahrt zurückkam, rief er aus seinem Zimmer: „Papa, das ist der absolute Oberburner“! Nach dem Anspielen der Gitarre fragte er ungläubig: „Ist das wirklich dieselbe Gitarre?“ Ich bejahte, natürlich, und erklärte ihm, dass der neue Lack, die leichte Brücke und die nun gut verankerten Bundstäbe in Verbindung mit dem alten Holz den Superklang bewirken.

Vor der Restauration


© Martin Kemmler

Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:

  • Verkleben eines langen Risses entlang der Zarge und schließen zweier hässlicher 12 mm großer Bohrlöcher in der Zarge
  • Griffbrett abgezogen, poliert und gewachst
  • Bundstäbe komplett erneuert, egalisiert, profiliert und poliert
  • Lose Bindings wieder befestigt und fehlendes Binding farbtreu ersetzt
  • Komplette Entfernung des alten Lackes und Vorbereitung zur Neulackierung
  • Neulackierung mit Nitrocelluloselack, geschliffen und poliert
  • Steg mit Metallreitern aus Ebenholz hergestellt und angepasst
  • Anfertigung eines Schlagbretts mit schwarzem Mooreiche-Furnier und weißem Binding, Unterbringung der Elektronik unter dem Schlagbrett (Volume- und Tonepoti, Kondensator), Fixierung des Bill Lawrence Floating Pickups
  • Einsetzen einer Klinkenbuchse, die als Gurtpin nutzbar ist
  • Saitenhalter repariert und poliert, Mechaniken überholt und poliert
  • Montiert, besaitet, eingestellt und gestimmt

Nach der Restauration


© Martin Kemmler

Datenblatt

Restauration einer Gitarre von Herbert Todt mit seltenen Griffbretteinlagen

von Martin Kemmler

Diese schmucke vollmassive Schlaggitarre mit Griffbretteinlagen aus echtem Perlmutt war leider völlig aus dem Leim gegangen, so dass die Gitarre nicht spielbar war und dem Zug von Saiten nicht mehr standhielt. Der geschraubte Hals war jedoch pfeilgerade.

Die Neuverleimung des Korpus erledigte der Gitarrenbauer Anton Sandner aus Baiersdorf. Dieser jedoch schimpfte fürchterlich, hatte doch ein „Bastler“ sich mit Kaltleim an diesem schönen Stück versucht. Er entfernte die alten Leimreste und brachte Block, Zargen und Binding wieder in die richtige Position. Die folgenden Arbeiten konnten nun vorgenommen werden:

  • Einstellung des Halswinkels (Abnahme am Hals) aufgrund der Leimung des Korpus, Korpuspassfläche gesäubert und geschliffen
  • Einbau des vom Vorbesitzer ausgebauten Rellog-Tonabnehmers in den Hals
  • Bünde abgerichtet und poliert, Griffbrett gesäubert, gewachst und poliert
  • entlackt, geschliffen, lackier und poliert
  • Saitenhalter und Mechaniken poliert und montiert
  • Anfertigung einer originalgetreuen Brücke aus Ebenholz, Anpassung an Korpus, Neubesaitung;
  • Anbringung der originalen Schlagplatte und Verdrahtung des Tonabnehmers mit einer eingesetzten Klinkenbuchse, die als Gurtpin verwendet werden kann

Heraus gekommen ist eine wunderbare Gitarre. Sowohl klanglich als auch optisch ist sie ein Meisterwerk Herbert Todts!

Das Datenblatt enthält Angaben zur Gitarre.

Vor der Restauration


© Martin Kemmler

Nach der Restauration


© Martin Kemmler

Datenblatt

Restauration einer OSBAMA Gitarre

von Martin Kemmler

Diese hübsche vollmassive OSBAMA besitzt keinen Cutaway! Die restlichen Merkmale, besonders die auffallenden Schallöffnungen in Blitzform, sind den bekannten Modellen der „OSBAMA Tango“ sehr ähnlich.
Die Bundbreite am Sattel beträgt ca. 45 mm, die Saitenbreite an der Brücke sogar runde 53 mm! Das sind komfortable, „moderne“ Griffbrett-Maße, welche das gewohnte Spiel erlauben! Mein Ziel war es deshalb, diese Gitarre klanglich und in Bezug auf eine sehr gute Bespielbarkeit hin zu optimieren, wobei die Originalität weitgehend erhalten bleiben sollte.
Allerdings war der Hals krumm wie eine Banane und die Begeisterung hielt sich zunächst in Grenzen. Herbert Rittinger jedoch half und löste das Problem, indem er den Hals begradigte. Ein herzliches Dankeschön dafür an Herbert!

Die Gitarre war mit Ausnahme des stark verwitterten Lackes substanziell sehr gut erhalten. Allerdings war die Gitarre laienhaft mit einem inzwischen defekten Höfner Pickup und einer Klinkenbuchse in der Zarge nachgerüstet worden. Die Buchse war mit Bauschaum im Inneren des Korpus befestigt, welche nun mit Mühe „endoskopisch“ entfernt werden musste! Nach der Entfernung des qualitativ schlechten Lackes erhielt die Gitarre eine vielschichtige Nitrocellulose-Lackierung in „natur“.

Brücke und Schlagbrett wurden aus Ebenholz originalgetreu repliziert. Ebenfalls wurden ein Rellog PU („Organspende“) und eine neue Klinkenbuchse eingesetzt. Der Saitenhalter mit der bekannten Form der Epiphone Jazzgitarren scheint tatsächlich der ehemals vom Erbauer verwendete zu sein.

Der wunderbare Klang der OSBAMA, sowohl akustisch als auch verstärkt, entschädigt für alle Mühen. Mit den aufgezogenen Flat Wound Saiten (Stärken 0,44-010, um den Hals nicht zu sehr zu beanspruchen) ist die Gitarre für Jazz und Blues bestens geeignet.

Das Datenblatt enthält die Maße der OSBAMA sowie eine stichwortartige Listung der durchgeführten Arbeiten.

Vor der Restauration


© annonym

Nach der Restautration


© Martin Kemmler

Datenblatt


© Martin Kemmler

Restaurierung einer alten Gitarre von Artur Lang

 
Metamorphose eines hässlichen Entleins zur wohlklingenden Schönheit
Martin Kemmler; restaurierung einer alten Gitarre von Artur Lang

Als ich diese Gitarre in den Händen hielt, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln: wer hat diese Gitarre so übel zugerichtet?
Ein Vorbesitzer hatte die Decke mit dem Stechbeitel ausgestemmt, damit eine Framus-Platte mit den tiefen Tonabnehmern Platz fand! Zusätzlich befanden sich mehrere Dutzend Löcher in Zargen, Boden und Halszunge. Der Hals wies eine Krümmung von ca. 3 mm auf. Der Lack war extrem stark verwittert und an vielen Stellen abgeschürft. Dennoch verriet der Klang, dass es sich um eine außergewöhnlich gute Gitarre handelte – eben eine „Lang“.
Eine Restauration einer Lang-Gitarre ist etwas Besonderes. Umso mehr staunte ich, als eine phantastische, stark gedunkelte Fichtendecke unter dem alten, total versprödeten Lack hervorkam. Ebenfalls zeigten sich an Zargen und Boden wunderbar geflammter Ahorn!

Nach Abschluss der Restaurationsarbeiten könnte ich nicht entscheiden, ob es die Schönheit dieser Gitarre oder der einmalige Klang war, was mich mehr faszinierte.

Nachfolgend die Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte:

Arbeiten am Hals:

  • Hals gerade gezogen (diese Arbeit erledigte Herbert Rittinger);
  • alte Bünde entfernt, Griffbrett abgerichtet;
  • Bünde nachgesägt, Sägeschlitze am Binding gesäubert, farbtreu verfüllt und verschliffen;
  • Bundierung (Bünde egalisiert, profiliert, poliert);
  • Mechaniken gerichtet u. defekte Teile ersetzt;
  • Kopfplatte sowie alle Metallteile poliert, Sattel gerichtet, Griffbrett gewachst und poliert.

Arbeiten am Korpus:

  • Alter, stark verwitterter Lack entfernt;
  • Loses Binding verklebt und Löcher verfüllt;
  • Korpus und Hals verschliffen;
  • Erstlackierung;
  • Retuschierung der Löcher;
  • Fehlendes Binding am neuen Saitenhalter (bei Befestigung) angebracht;
  • 20*60 mm große Mulde in der Decke (unter PU) mit 60 J. altem Fichtenholz ge-
    schlossen, verschliffen und farblich angepasst;
  • Endlackierung, Feinschliff, Hochglanzpolitur;
  • Metallteile, Dearmond (Monkey on a Stick) und Gurtpin montiert;
  • Brücke angepasst;
  • Saiten aufgezogen, Brücke justiert und gestimmt.

VOR DER RESTAURATION


© Martin Kemmler
 

NACH DER RESTAURATION


© Martin Kemmler
 
 

Restauration einer Gitarre von Artur Lang (Modell „Super“)

von Martin Kemmler
 

Diese Gitarre von Artur Lang spielte ich einige Monate. Klanglich war sie wie alle Lang Gitarren hervorragend, allerdings offenbarte sie mir in der Testphase einige Mängel, die man auf den ersten Blick nicht erahnen konnte:

  • Ein Längsbalken hatte sich auf einer Länge von ca. 10 cm von der Decke gelöst;
  • die Nach-Bundierung war sehr schlecht ausgeführt: die Bünde schnarrten, weil sie nicht fest im Griffbrett verankert waren;
  • die Bundstäbchen wiesen z. T. nur noch eine Kronenhöhe von 0,6 mm auf; deshalb schnarrten die Saiten bei einigen Tönen ebenfalls;
  • seit einem Reset des Halses saß die Halszunge am Ende auf der Decke auf;
  • die Lackierung war stark mitgenommen und musste überarbeitet werden.
  • Schließlich sah ich ein, dass eine Restauration nicht zu umgehen war, wenn man ein optimal spielfähiges Instrument haben wollte.

Folgende Arbeiten wurden durchgeführt:

  • Neuverleimung des Balkens mit der Decke (endoskopisch);
  • Halszunge bearbeitet (freigelegt und verschliffen);
  • Alte Bundstäbe entfernt, Griffbrett abgezogen;
  • Sägeschlitze im Binding am Hals farbtreu verschlossen und verschliffen;
  • neubundiert, egalisiert, profiliert und poliert;
  • lose Bindings wieder befestigt;
  • komplette Entfernung des alten Lackes;
  • Vorbereitung der Oberflächen und Neulackierung;
  • Steg aus Ebenholz optimal angepasst;
  • Anfertigung eines Schlagbretts aus massivem Ebenholz in Originalform;
  • Metallteile poliert, montiert, besaitet, eingestellt und gestimmt;
  • Montage eines Dearmond Pickups.

Das Spielen dieser Gitarre ist ein einmaliges Erlebnis, ob verstärkt über den Dearmond Pickup oder rein akustisch. Es stimmt also, was an Superlativen über Lang Gitarren geschrieben wurde.

Ein herzliches Dankeschön an Herbert Rittinger, der mir während der Arbeiten wertvolle Tipps gab und mich auch ermunterte, diese Restauration zu beginnen.

Vor der Restauration

© Martin Kemmler
 
Nach der Restauration

© Martin Kemmler

Restauration einer seltenen “Multi-Schalllochgitarre” von Herbert Todt

von Martin Kemmler

Diese außergewöhnliche Gitarre habe ich durch Zufall in „ebay“ entdeckt. Sie erweckte mein Interesse, da Schallöffnungen auf der Decke zu fehlen schienen. Beim näheren Betrachten entdeckte ich, dass die Gitarre ein äußerst seltenes Exemplar einer Multi-Schallloch Gitarre ohne Cutaway war. Mit Hilfe von Stefan Lobs Internetseite konnte als Erbauer schnell Herbert Todt ermittelt werden (vgl. www.schlaggitarren.de). Somit gab es nur noch wenig Zurückhaltung bei der Auktion und der Haushaltsplan geriet wieder einmal ins Wanken. Immerhin gelang es mir, meine Frau ebenfalls zu begeistern, so dass „eheliche Nachwirkungen“ vermieden werden konnten.

Die vollmassive Non-Cutaway Gitarre weist 10 Schalllöcher im Carving auf. Sämtliche Inlays und Intarsien sind mit echtem Perlmutt ausgeführt. Der Schraubhals war pfeilgerade.
Die Bundbreite am Sattel beträgt lediglich 38,5 mm! Daher vermute ich, dass die Gitarre von Herbert Todt in den sehr frühen 1950er Jahren hergestellt wurde.

Die Gitarre war substanziell im Wesentlichen gut erhalten. Die Decke hatte jedoch einen ca. 40 mm langen Riss zwischen zwei Schalllöchern, der problemlos stabil verleimt werden konnte. An der Decke der Gitarre war über die Jahre mit diversen Farben ausgebessert worden. Der Lack selbst war flächig so stark beschädigt, dass ich mich entschloss, ihn komplett zu erneuern (Nitrocellulose).
Beim Entfernen des extrem zähen Lackes kam wunderschönes, feinstrukturiertes und sehr hartes Fichtenholz zum Vorschein. Offensichtlich wurde dieses stabile Holz (vermutlich Alpenfichte) verwendet, um der bauartbedingten Belastung am Carving standzuhalten. Nach der vollständigen Entfernung des alten Lackes zeigte sich die meisterhafte Arbeit Herbert Todts im ganzen Umfang. Deshalb sollte die Gitarre „blond“ bleiben.

Die Brücke wurde aus Ebenholz originalgetreu hergestellt. Hals und Korpus sind bis auf die erneuerte Lackierung komplett original und praktisch makellos.
Die originale, aber nicht nutzbare Klinkenbuchse unter dem Schlagbrett wurde gegen eine 3,5 mm Buchse ersetzt. Gleichfalls wurde dort ein Rändelpoti angebracht, um das Volumen des Rellog PU regeln zu können.

Trotz des sehr schmalen Halses ist die Gitarre aufgrund niedriger Saitenlage gut bespielbar und weist einen wunderbar warmen Ton auf. Überrascht war ich, welchen hervorragenden Sound der Rellog produziert. Respekt!

Meines Erachtens hat die Gitarre bedingt durch die Bauart eine besondere Dynamik. Offenbar geriet diese Konstruktion zu unrecht in Vergessenheit und wurde in der Folge von keinem Gitarrenbauer mehr aufgegriffen!

Im Datenblatt (unten) sind die Maße der Gitarre sowie die durchgeführten Arbeiten detailliert aufgelistet.


© Martin Kemmler

 


© Martin Kemmler

 


© Martin Kemmler

 

Dr.Martin Kemmler
Verfasst am 12 September 2010 für schlaggitarren.de

Herbert´s Restaurationen

 
 

 

RESTAURATION EINER LANG “SUPER DE LUXE”

von Herbert Rittinger

Die Gitarre hat mein Freund Elmar, Mitte des vergangenen Jahres, auf ebay ersteigert. Mir war sie wegen ihrer ungewöhnlichen Gravur der Hardware sowie eines eingelegten Medaillons in der Schlagplatte schon vor Jahren auf der Webseite von Günter Amendt aufgefallen. Leider war sie zu diesem Zeitpunkt schon in die USA verkauft worden. Nun ist sie wieder in ihre Heimat zurückgekehrt und darüber freue ich mich sehr.
Ich bin seit vielen Jahren mit der Historie und den Instrumenten von Artur Lang bestens vertraut, aber ein Modell mit einer solch speziellen Gravur und zusätzlichen Perlmutteinlagen im 1. und 15. Bund ist mir noch nicht untergekommen. Alle Griffbretteinlagen sind, ähnlich wie bei amerikanischen Modellen, durch einen oder zwei Schrägbalken getrennt. In die Einlage im 15. Bund ist zusätzlich noch NEW YORK eingraviert. Hier wurde eine LANG mit typisch amerikanischen Attributen versehen. Es fiel mir schwer zu glauben, dass dieses Tuning vom Meister selbst stammt. Der Umstand, dass die Gravur des Saitenhalters und des Medaillons dieselben Stilelemente aufweisen wie bei der Kopfplatte konnte jedoch ein Indiz für die Originalität sein.
Nun war das schöne und teure Stück aber leider mit ein paar gravierenden Mängeln behaftet. Der Boden und die Decke hatten sich im Bereich des großen Bugs an mehreren Stellen gelöst und der Zargenüberstand erreichte stellenweise 3mm. Weil ich über entsprechende Erfahrung in der Beseitigung dieses Problems verfüge, habe ich Elmar angeboten, diese Reparatur für ihn durchzuführen.

Zuerst habe ich alle Teile demontiert. Mir ist aufgefallen, dass die Kopfplatte, die Mechanikabdeckungen, das Medaillon auf der Schlagplatte und der Saitenhalter mit einer gelb-violetten Patina überzogen waren. Die Unterseite der Kopflatte und des Saitenhalters jedoch war silbrig hell.

Eine genaue Untersuchung aller Teile führte zu folgendem Ergebnis:

  • Die Kopfplatte ist nicht original. Sie wurde später, mit neuem Design, gegen das Originalteil ausgetauscht. Das sonnenförmige Stilelement, von LANG sehr oft verwendet, wurde deshalb gewählt, weil es als Einlage für die Schlagplatte die ideale Form hatte. Die kopierte Platte ist aus Neusilber und hat eine Stärke von 0,6mm. Die Originalplatten dieser Zeit hingegen sind 1mm dick und bestehen aus Messing mit einem galvanischen Überzug aus Nickel oder Chrom.
  • Die Einlage im originalen Schlagbrett ist ein maßgenaues Duplikat des Stilelements von der Kopfplatte. Material und Blechstärke des Medaillons sind identisch mit der Kopfplatte.
  • Der originale Saitenhalter erhielt das gleiche florale Motiv wie die Kopfplatte und wurde anschließend vernickelt.
  • Die Gravur aller Metallteile weist im Vergleich mit Originalteilen eine andere Feinstruktur auf. Die Randverzierung auf der Kopfplatte ist ebenfalls ein Detail das man bei LANG nur bei der spitzen Ausführung (PRÄMUS) findet. Die Gravurarbeiten wurden folglich nicht von der Manufaktur ausgeführt die exklusiv für LANG arbeitete.
  • Die Patina auf den Metallteilen wurde künstlich erzeugt (phosphatiert)
  • Die Griffbretteinlagen aus Perlmutt im 1. und 15. Bund wurden nachträglich eingesetzt. Die optische Trennung der Einlagen mittels einem oder zwei Schrägbalken erfolgte durch Einfräsen einer Nut und anschließendem Auffüllen mit schwarzer Farbe. In gleicher Weise erfolgte auch die Einbringung der Schrift im 15. Bund.
  • Alle vorstehend aufgeführten, nachträglichen, Veränderungen an der Gitarre wurden in einem Zuge durchgeführt.

Nach der schlüssigen Klärung aller Fragen zur Originalität konnte ich mit der eigentlichen Arbeit beginnen.
Zuerst verleimte ich Boden und Decke mit der Zarge. Es folgte die Nachverleimung der einzelnen, über weite Strecken losen, Bindingstreifen. Ein Deckenriss musste ebenfalls stabilisiert werden. Es folgte die Egalisierung der Zargenüberstände. Die komplette Überarbeitung der Lackierung nebst dem Auffüllen der vielen Macken und Dellen und das anschließende Verschleifen, Polieren, Retuschieren und Versiegeln nahm eine geraume Zeit in Anspruch. Die Schleifarbeiten sind, weil sie trocken und von Hand ausgeführt werden müssen, eine schweißtreibende, schmutzige und giftige Angelegenheit. Eine Filtermaske ist dabei unerlässlich.
Mit dem Tuning des Halses folgte der nächste Abschnitt, gefolgt von der Überarbeitung der gesamten Hardware.
Damit war der Pflichtteil der Restauration absolviert. Die nachfolgende Kür beinhaltete die Endmontage, das Stimmen und Justieren, sowie das Vermessen und Dokumentieren

Mit dem optischen Ergebnis bin ich zufrieden. Restlos begeistert bin ich jedoch vom fantastischen Klang der Gitarre. Sie spielt sich fast von alleine und ab dem 10. Bund legt sie noch derart zu, dass einem Angst und Bange wird, der Korpus könne zerspringen.

In meiner Rangliste gehört sie zu den 5 Besten.

Bilder vor der Restauration


© ol Fret
 

Die Arbeiten im Einzelnen:

01. Schritt: Verleimung von Decke und Boden
02. Schritt: Verleimung von losen Bindings und Stabilisierung eines Deckenrisses
03. Schritt: Egalisierung der Zargenüberstände
04. Schritt: Lackierung trocken überschleifen
05. Schritt: Macken und Dellen auffüllen und verschleifen
06. Schritt: Fugen von Halsverbindung und Zargenbinding verputzen
07. Schritt: Lack polieren, retuschieren und versiegeln
08. Schritt: Bundstäbe beidseitig unterkoffern
09. Schritt: Bünde abrichten, profilieren, Enden verrunden und polieren
10. Schritt: Griffbrett ausbessern, schleifen, polieren und wachsen
11. Schritt: Steggewicht optimieren, anpassen und polieren
12. Schritt: Schlagplatte + Halter polieren und neu verschrauben
13. Schritt: Kopfplatte und Saitenhalter polieren
14. Schritt: Mechaniken überholen, Einschlagsitze kalibrieren
15. Schritt: montiert, besaitet und justiert
16. Schritt: dokumentiert und fotografiert

Bilder nach der Restauration


© HR
 

 

 
 
 

„Spanien-Rettung mal anders!“

…Herbert Rittinger rettet eine Antonio Sanches 1025!

 

Als ich diese klassische Gitarre in den Händen hielt, war mir eines klar!

Entweder ein Fall für die Müllabfuhr oder eine Rettung durch Rerbert Rittingers unglaubliche Fähigkeiten, als Gitarren Restaurator.

Nachdem ich ein wenig im Netz recherchiert hatte und herausfand, das die „Antonio Sanches 1025“ eine der „hochwertigeren“ spanischen Gitarren ist, fragte ich Herbert nach seiner Meinung. Wie immer hatte er direkt die passenden Ideen wie man ein solches Instrument retten könnte. Da ich schon länger Ausschau nach einer klassischen Gitarre mit Nylonsaiten hielt, kam mir dieses Restaurations-Angebot gerade recht.

Nachdem ich Antonio Sanches ein paar Detailfragen zu der 1991 gebauten 1025, betreff der Hölzer und des Lackes stellte, machte Herbert sich direkt an die Arbeit.
• Halsfußplatte abgenommen und Halsanker eingebaut
• Halsbruch verleimt und Halsfußplatte aufgeleimt
• Halsfuß verschliffen, lackiert, feingeschliffen, retuschiert und poliert
• Sattel neu verleimt
• Satteleinlage aus Mammut-Elfenbein
• Griffbrett und Bundstäbe poliert
• mehrere Zargenbrüche verleimt (zusammen mit dem Halsbruch)
• Bruchkantenversatz egalisiert und versiegelt
• Zargen nachlackiert, feingeschliffen, retuschiert und poliert
• 4 Deckenrisse verleimt und egalisiert; gesamter Korpus poliert
• Eine fehlende Zargenstütze gefertigt und eingeleimt
• montiert, besaitet, gestimmt, justiert, dokumentiert + fotografiert

Das war Herberts erste Restauration einer spanischen Gitarre und um klar zu stellen, das wir eigentlich an Jazzgitarren interessiert sind, bekam sie einen Gurthalter am großen Bug. Sicherlich nichts für klassische Puristen aber super für Spieler wie uns. Die Gitarre hat einen unglaublich lauten aber dennoch ausgewogenen, fast seidigen Klang. Genau der Klang, den ich seit langer Zeit für Bossa und Samba suche. Eine traumhafte Gitarre die Dank Herbert gerettet wurde.

Lieber Herbert; auf diesem Wege noch einmal 1000Dank. Wieder einmal hast Du gezeigt, zu welch sensationeller Arbeit Du fähig sein kannst. Bis jetzt ist noch keinem aufgefallen, das die Gitarre mal ein Wrack war …solange bis ich die „vor der Restauration“ zeige und ich in erstaunte Gesichter blicke.

© Stefan Lob schlaggitarren.de

 


©HR