Komplett-Restauration einer vollmassiven Herbert Todt Jazzgitarre von Martin Kemmler


 

Wenn man einmal eine Jazzgitarre von Herbert Todt in den Händen halten und sie eventuell anspielen darf, ist einem sofort bewusst, dass hier einer der besten Gitarrenbauer – und nicht nur in Markneukirchen, sondern weltweit – am Werk war. Es sind wunderbar ausgearbeitete Decken und Böden, die nur in mühevoller Handarbeit hergestellt werden konnten!
Die vorliegende Gitarre würde jedoch auf den ersten Blick eher als Wrack bezeichnet werden! Die Halszunge war abgebrochen und verloren gegangen. Ebenso war der Halsfuß gebrochen und wurde unfachmännisch mit Weißleim „zusammengeklebt“. Da Weißleim für Instrumente in der Regel völlig ungeeignet ist, weil er auf Zug langsam nachgibt, wurde das Griffbrett von oben durchbohrt und eine 8 mm Holzschraube in den Hals hineingedreht! So wurde das Instrument wieder spielbar und man konnte, obwohl so malträtiert, hören, dass es eine wunderbare Gitarre ist.
Auf den zweiten Blick konnte man erkennen, dass dies Defekte waren, die man beheben konnte und der gesamte Korpus unversehrt war. Lediglich der übliche Zargenüberstand hat zur Öffnung und Ablösung des Bodens von der Zarge geführt. Der Hals wies auch unter Spannung keine Krümmung auf! Der Lack war stark ausgeblichen und teilweise verwittert. An den vom Sonnenlicht verschonten Stellen (z. B. am Schraubhals innen) konnte man sehen, dass die Gitarre ursprünglich ein hellbraunes bis braunes Sunburst trug! Der Boden und die Zargen weisen herrlich geflammter Ahorn auf!

Der wunderbare Klang des Instruments spielgelt die hohe Kunst des Gitarrenbauers Herbert Todt in vollem Umfang wieder!


 

 


Nachfolgend die Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte:

 

Arbeiten am Hals:

  • alte Bünde entfernt, 8 mm Holzschraube entfernt;
  • Halszunge aus Palisander und original alten Bindingresten  wiederhergestellt;
  • Fehlende Perlmutt Intarsien ersetzt und Löcher farbtreu verschlossen;
  • Bohrloch am Griffbrett verfüllt und mit Palisander verschlossen, Griffbrett abgerichtet;
  • Bundierung (Bünde verklebt, egalisiert, profiliert, poliert);
  • Weißleim am Halsfuss entfernt und neu verleimt, Stabilisation Halsfuss (unsichtbar)
  • Halswinkel angepasst und Sitz des Schraubhalses optimiert;
  • Mechaniken gerichtet u. defekte Teile ersetzt;
  • alle Metallteile poliert, Sattel gerichtet, Griffbrett gewachst und poliert.

 

Arbeiten am Korpus:

  • Alter, stark verwitterter Lack entfernt;
  • Loses Binding verklebt und Löcher verfüllt;
  • Zargenüberstand beseitigt (Öffnen am Endblock und Kürzung der Zargen)
  • Korpus und Hals verschliffen;
  • Erstlackierung dünn mit klarem Nitrolack, Feinschliff, Sunburst-Lackierung, Fixieren mit klarem Nitrolack, Feinschliff, mehrere sehr dünne Schichten Nitrolack (je mit Zwischenschliff, nass);
  • Feinschliff nass, Hochglanzpolitur;
  • Metallteile montiert, Schlagbrett in Originalform aus massivem ostindischem Palisander hergestellt und montiert, Brücke angepasst;
  • Saiten aufgezogen (Phospor Bronze, Clapton´s choice von Martin, 12er), justiert und gestimmt.