RESTAURATION EINER ARTUR LANG MIT 12 SAITEN

Die verrücktesten Dinge passieren oft wenn man sie am wenigsten erwartet.

Dass eine 12-saitige Gitarre einmal den Weg in meine Sammlung finden würde, hätte ich bis vor kurzem selbst nicht geglaubt. Persönliche Erfahrungen mit dieser speziellen Spezies hatte ich bis dato keine, abgesehen von den Konzerten des Duos Autschbach-Illenberger, wo Ralf hin und wieder eine spielt.

Das änderte sich schlagartig als mir eine 12-saitige Gitarre von Artur Lang angeboten wurde. Wie es sich herausstellte, hatte ein Spieler das Instrument, im Jahre 1972, bei Lang in Auftrag gegeben. Es ist das einzige Modell dieser Art das Lang je gebaut hat. Der Korpus wurde vom Modell SuperDeluxe übernommen. Der eingeleimte Hals aus Multischichtholz besitzt aus Gewichtsgründen keine Metallkopfplatte. Die Gitarre war ursprünglich rein akustisch konzipiert.  Im Laufe der Zeit wurde sie elektrifiziert; zuerst mit einer Schaller-Tonabnehmerplatte, später mit einem in der Decke eingebauten PU.

Zustand vor der Restauration:  

Auf den ersten Blick machte die Gitarre einen ordentlichen Eindruck. Decke und Boden wiesen keine Risse auf und die Lackierung war für das Alter in gutem Zustand.

Eine eingehende Untersuchung offenbarte jedoch gravierende Schäden:

  • Der Hals wurde irgendwann unprofessionell resettet und mit einem zu flachen Winkel eingeleimt, sodass das Ende der Halszunge die Decke berührte. Daraus resultierte eine, mit 18 mm, viel zu niedrige Steghöhe, was wiederum dazu führte, dass der Saitenhalter mit seiner Unterseite Kontakt zur Decke hatte und diese beschädigte.

  • Schäden und Probleme durch den Einbau des Pickups in die Decke:
    • optische und statische Beeinträchtigung der Decke
    • Deckenöffnung schräg statt lotrecht zur Längsachse ausgeschnitten
    • Abtrennung beider Deckenbalkenenden
    • PU nur in demontiertem Zustand ein-und ausbaubar
    • dilettantischer Einbau von 2 Deckenstützen
  • Deckenbohrung für die Klinkenbuchse am unteren Schalllochende

Bilder von den Schäden und vom Ausbau des Halses:

 

Die Arbeiten im Einzelnen:

  • Demontage des Halses
  • Passfläche vom Halslager im Korpus überarbeitet
  • Halsfußsegment an Hals angeleimt und verschliffen
  • Halsanlagefläche plan gefräst
  • Ahornplatte auf Halsanlagefläche aufgeleimt und verschliffen
  • Halsanlagefläche für optimalen Halswinkel abgerichtet
  • Einbau eines Schraubankers für die Halsbefestigung
  • Bundstäbe unterkoffert und verschliffen
  • Bünde abgerichtet, profiliert, Enden verrundet und poliert
  • Griffbrett geschliffen, poliert und gewachst
  • Halslackierung überarbeitet und geschliffen
  • Hals transparent überlackiert, feingeschliffen, poliert und retuschiert
  • Schräglage der PU-Deckenöffnung korrigiert
  • Deckenöffnung für problemlosen PU-Einbau erweitert
  • Deckenstützen entfernt und durch Wellenstreben ersetzt
  • Deckenbohrung für Klinkenbuchse mittels Fichteneinlage verschlossen
  • lose Bindings am Korpus verleimt und verschliffen
  • Lackschäden im Korpus ausgebessert, Lackierung feingeschliffen, poliert und retuschiert
  • Mechaniken überholt; Sitze für Einschlaghülsen kalibriert
  • Steg gewichtsoptimiert, angepasst und poliert
  • Ebenholz-Schlagplatte + Halter angefertigt
  • Montage und Verkabelung der Elektrik-Komponenten auf der Schlagbrett-Unterseite
  • Gitarre montiert, besaitet und justiert
  • Gitarre dokumentiert und fotografiert

Bilder vor der Endmontage:

 

Bilder nach der Restauration:

 

Schlusswort:

Wieder einmal hat ein anspruchsvolles Projekt ein gutes Ende gefunden.

Diese Gitarre kann mit einigen Superlativen aufwarten. Sie ist ein Unikat von Artur Lang und als Archtop mit 12 Saiten ein wahrer Exot. In der Preiskategorie ist dieses Modell der Spitzenreiter aller Lang-Exponate in meiner Sammlung. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist der akustische Klang. Die 12-saitige besitzt in dieser Disziplin alle Vorzüge ihrer Schwestern, ist aber noch mit einem zusätzlichen Chorus Effekt ausgestattet.

Im Vergleich zu 12-saitigen Westerngitarren ist die LANG etwas weniger perkussiv und nicht ganz so laut. Dafür sind Brillanz, starke Mitten und Höhen und ein endloses Sustain, Pfunde, mit denen sie zu wuchern weiß. Dies ist vor allem der enormen Stabilität derselben geschuldet, die sich auch in Bezug auf das Problem des Stimmens positiv auswirkt.

Elektrisch abgenommen gibt der am Halsende eingebaute Pickup mit 8,6 KΩ das akustische Klangbild unverändert wider, ohne dass Feedback-Probleme zu beklagen wären.

Der Einbau eines C-Switch von Helmut Lemme, anstelle des üblichen Tone-Potis,  erschließt eine zusätzliche klangliche Vielfalt.

Ein sehr interessantes aber auch spezielles Instrument.

Nachrüstung:

  • Schraubanker
  • Ebenholzsteg
  • Schlagplatte + elektrische Regelung
  • 1 Satz Saiten
  • Gurthalter für Halsfuß