RESTAURATION EINER SELTENEN GITARRE VON HERBERT TODT

von Herbert Rittinger

Bei diesem Instrument handelt es sich um ein sehr ausgefallenes Modell mit kammförmigem Wulst entlang der Hohlkehle von Decke und Boden. Bis jetzt sind 3 Instrumente mit dieser einzigartigen Ausprägung bekannt. Eine davon ist die aufwendige Multistreifen-Gitarre, die dieselben Schalllöcher besitzt, weswegen sie ursprünglich Heinz Seifert zugeschrieben wurde. Tatsächlich sind die von Herbert Todt und Heinz Seifert benutzten Tropfenlöcher in der Kontur absolut identisch.
Die Gitarre war für ihr Alter in einem recht ordentlichen Zustand, ohne Risse und Brüche, aber mit einer Unzahl von Macken und Dellen. Die Lackierung war, wie bei den meisten Gitarren von den Erzeugern aus dem Osten, total versprödet. Bezüglich Alterungs- und UV-Beständigkeit hatten die Lacke der westlichen Hersteller, aus dieser Zeit, eine ungleich bessere Qualität.
Durch zu trockene Lagerung hatten sich die Bindings reihenweise gelöst. In die Zarge war nachträglich eine Klinkenbuchse eingebaut worden, mit einem zusätzlichen Loch in der Decke für das Ausgangskabel des versteckten Tonabnehmers. Außerdem war der originale Steg durch eine billige Plastikversion ersetzt worden.

Restaurationsbericht:

Zuerst begann ich mit der Instandsetzung des Halses. Als erstes wurde die Krümmung beseitigt. Danach folgte die komplette Überarbeitung des Griffbretts, einschließlich Einlagen und Bundstäben.
Anschließend folgten die notwendigen Arbeiten am Korpus.
Das Verleimen der losen Bindings, mit nachfolgendem Verschleifen, war der nächste Schritt.
Nun war die Überarbeitung des Halslagers für den eingeschraubten Hals an der Reihe.
Bezüglich der Lackierung entschied ich mich für die aufwendige Vollrestauration des Originallacks.
Nach der Überarbeitung der gesamten Hardware und der Durchführung aller weiterer, akustisch klangrelevanter Maßnahmen erfolgte die Endmontage, das Stimmen und Justieren, sowie das Vermessen und Dokumentieren.

Mit dem optischen Ergebnis bin ich zufrieden. Angenehm überrascht war ich vom Klang. Das Instrument hat eine unwahrscheinliche Ansprache, eine hervorragende Bespielbarkeit und reagiert auf die leichteste Berührung der Saiten. Die Töne sind brillant und differenziert. Sie eignet sich hervorragend für das Solospiel. Bei sehr druckvoller Spielweise über alle Saiten werden die einzelnen Töne allerdings nicht mehr sauber voneinander getrennt.

Die Arbeiten im Einzelnen:

01. Schritt: Halsbiegung beseitigt
02. Schritt: Bundstäbe beidseitig unterkoffert
03. Schritt: Bünde abgerichtet, profiliert, Enden verrundet und poliert
04. Schritt: Griffbrett ausgebessert, geschliffen, poliert und gewachst
05. Schritt: Kopfplatte poliert
06. Schritt: lose Bindings verleimt und verschliffen
07. Schritt: Halslager überarbeitet + Optimierung des Halswinkels
08. Schritt: gesamte Lackierung trocken überschliffen
09. Schritt: Macken und Dellen aufgefüllt und verschliffen
10. Schritt: patiniert, retuschiert und transparent versiegelt
11. Schritt: Lack feingeschliffen, und poliert
12. Schritt: Neuer Steg, gewichtsoptimiert, angepasst und poliert
13. Schritt: Saitenhalter poliert
14. Schritt: Schlagplatte + Halter überarbeitet
15. Schritt: Rückbau des Klinkensteckers unter die Schlagplatte
16. Schritt: Mechaniken überholt, Einschlagsitze kalibriert
17. Schritt: Spezialanfertigung des Halsfuß-Gurtpins
18. Schritt: montiert, besaitet und justiert
19. Schritt: dokumentiert und fotografiert

Bilder nach der Restauration:


© Stefan Lob schlaggitarren.de

 

Datenblatt:


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