Herbert, Erich u. Siegfried Todt – Drei Brüder! Drei Gitarrenbauer!

Artikel von Stefan Lob

Albin Todt, Vater von Herbert, Erich und Siegfried betrieb in Siebenbrunn (Sträßel 7b) im Vogtland eine Bäckerei. Albin war gelernter Gitarrenmacher und bildete seine drei Söhne selbst aus. Die Gitarrenbau Tradition in der Familie Todt reicht bis ins Jahr 1863 zurück.

Hier ein Bild von Albin Todts Beerdigung vom Oktober 1963, mit der Todt Familie und den drei Brüdern Herbert, Erich und Siegfried in einer Reihe.

Quelle: Susanne Todt
Erich Todt
Quelle: Susanne Todt

Erich Todt wurde am 22.03.1908 in Siebenbrunn geboren. Von seinen Brüdern habe ich leider keine Geburtsdaten vorliegen aber Erich war der erstgeborene, ein paar Jahre später wurde Herbert geboren und weitere Jahre später kam Siegfried zur Welt.

Erich Todt baute klassische Gitarren und Schlaggitarren, später auch halbakustische Schlaggitarren und massive Elektro-Gitarren. Er war anfänglich bei der MIGMA und wechselte 1960, gemeinsam mit seinem Bruder Herbert, in die SINFONIA. Erich Todt hat noch bis ins hohe Alter in seiner Werkstatt gearbeitet und ist am 06.01.1984 gestorben

Quelle: Susanne Todt
Siegfried Todt

Siegfried Todt gründete in Sträßel die Fa. SITOMA; die Abkürzung für Siegfried Todt Markneukirchen. Er baute vorwiegend klassische Gitarren. Vielleicht hat er auch ein paar Versuche gemacht Schlaggitarren zu bauen. Einen Hinweis findet man im Erich Wander Artikel. Dort sieht man ein Bild einer, selbst hergestellten, Tonabnehmer-Schlagplatte mit SIMETO Schriftzug. Siegfried war auch Mitglied in der MIGMA (letzter Eintrag: Spartenliste Migma 1.1.1961). Er wechselte seinen Beruf und ging nicht in die Sinfonia. Er eröffnete in Markneukirchen ein Fischgeschäft. Dieses führte er bis zum Tod seines Bruders Erich.
Als dieser starb, übernahm Siegfried das Inventar seiner Werkstatt und begann gemeinsam mit seinem Sohn Ronald wieder unter dem Namen SITOMA klassische Gitarren zu bauen. Ronald Todt übernahm die väterliche Werkstatt. Der Betrieb (Böhmische Str. 7, 08258 Sträßel) ist mittlerweile geschlossen.

Herbert Todt
Quelle: Susanne Todt

Herbert Todt war ein Spezialist im Schlaggitarrenbau. Er baute sehr hochwertige Instrumente. Er lebte und arbeitete in Adorf in der Nordstraße 11 und sein Betrieb ist seit dem 01.01.1950 in der Handwerkerrolle als Zupfinstrumentenmacherei eingetragen. Er war selbstständiger Gitarrenmacher und Mitglied in der MIGMA über die er seine Gitarren teilweise vermarktete.

In den 60er Jahren musste er seine Selbstständigkeit aufgeben und, wie sein Bruder Erich, in die SINFONIA wechseln. Die Bilder der Todt Gitarre (rechts) brachten mich auf die Idee in dieser Richtung zu recherchieren. Auf der Musikkeller Webseite wurde diese Gitarre als Modell „SINFONIA“ bezeichnet, da sich ein Zettel im inneren mit dieser Aufschrift befindet. Johannes Meinel, mein Moderator Kollege im MuM Forum machte mich drauf Aufmerksam, dass es auch eine SINFONIA Gitarre sein könnte. Recherchen über das “Historisches Archiv des Vogtlandkreises” brachten mir die Bestätigung.

Es gibt eine Löschungsanzeige! Der Eintrag wurde am 31.12.1960 gelöscht. Grund der Löschung: Herbert Todt ist seit dem 01.01.1961 Mitglied der PGH "Sinfonia" in Markneukirchen. Danke Hannes!
Zu den Gitarren

Wie oben schon erwähnt war Herbert Todt ein hervorragender Gitarrenbauer der es Verstand, eine extravagante Gitarrenlinie zu entwickeln. Bei seinen Gitarren gibt es typische Merkmale die oft auftauchen aber er schafft es immer wieder, höchst kreative Gitarren zu bauen die seinesgleichen suchen.

Um dies bildlich zu verdeutlichen eine Auswahl von Todt Gitarren.

SINFONIA – extravagant mit einem “Multi-Streifen” Korpus

Diese extrem extravagante Gitarre, besticht durch einen sehr aufwendig gearbeiteten Korpus. Mehrfarbige Vollholzstreifen wurden V-förmig verleimt. Diese Decken und Böden wurden mit einer Hohlkehle ausgeformt. Auch die Zargen sind mehrfarbig gearbeitet. Auffällig geformte Kopfplatte mit V-Förmigen Perloidauflagen und eine extravagant geformtes Schlagbrett indem sich die V-Form Perloidauflagen wiederfinden. Der eingebaute Rellog Halstonabnehmer wird von einem Gitternetz abgedeckt. Im Griffbrett finden sich gespiegelte Einlagen aus einer Dreieck/Punkt Kombination. Der Aufstellsteg in “Ochsenform”, ein gravierter Saitenhalter und die aufwendigen, mehrschichtigen Ziereinlagen runden das besondere Bild dieser auffälligen Gitarre ab.

Die Bilder dieser Gitarre wurden mir von Norbert Schnepel zur Verfügung gestellt. Bis jetzt gab es die Annahme, es handelt sich um eine Einzelanfertigung von Heinz Seifert. Ich hatte mich der Meinung angeschlossen jedoch hatte ich immer Bedenken aufgrund des Halsfußes und der Verschraubung welches nicht zu Heinz Seifert Gitarren passt.

Jetzt bin ich mir 100% sicher, dass es sich um eine Herbert Todt Gitarre handelt. Diese Gitarre ist kein Einzelstück. Es gibt eine weitere Gitarre in ähnlicher Ausführung. Der Besitzer erinnert sich an einen SINFONIA Schriftzug neben dem Steg der heute nicht mehr vorhanden ist. Heinz Seifert kann nicht der Erbauer dieser Gitarren sein, da er bis 1990 Mitglied der Migma war. Herbert Todt wechselte jedoch anfang der 60er Jahre von der Migma in die Sinfonia. Ein weiteres eindeutiges Indiez ist die “Todt-typische” Kopfplatte mit 3-strahliger V-Form Auflage. Auch die Form des Halsfußes und die Verschraubung passen zu Herbert Todt! Saitenhalter und Klinkenbuchse sind nicht original und das Schlagbrett fehlt leider. Auf den Zargen waren sehr wahrscheinlich Zierstreifen aufgesetzt. Daher die Verfärbung Ich denke es handelt sich bei diesen Gitarren um besondere Messe/Werbe-Modelle und nicht um eine spezielle Musiker Anfertigung. Diese Gitarren gehören sicherlich zu den außergewöhnlichsten Gitarren die im Vogtland gebaut worden sind.

Hier eine bildliche Gegenüberstellung beider Gitarren

© M.Erhard / MK-Dorsten / N. Schnepel

MIGMA mit Perlmutteinlagen

© Banjoworld
© Carlos Krämer

Restaurierte Todt

Diese Todt wurde meisterlich von Herbert Rittinger restauriert. Die Kopfplatte hat eine ähnliche, strahlenförmige Auflage, jedoch 5-strahlig. Herbert hat Ihr ein neues Schlagbrett mit einem weiteren Strahlenmotiv angefertigt. Hier sind die tropfenförmigen Schalllöcher nach außen geschwungen. Diese Gitarre hat auch einen versteckten Rellog, der einen außergewöhnlich guten, verstärkten Ton erzeugt. Auch akustisch ist dies ein hervorragendes, gut klingendes Instrument.

Multi Schalloch Todt

Hier ein ganz exklusives Modell. Neben den typisch, strahlenförmigen Einlagen auf Kopfplatte und dem wellenförmig, geformten Schlagbrett sind die 12 Schallochöffnungen entlang der Hohlkehle sehr ungewöhnlich. Todt ging hier ein ganz neuer Weg.

Von Alfred Schaufuß (ASCHADO) gibt es eine Gitarre mit 18 halbmondförmigen Schalllöchern entlang der Zarge und von Anton Hoyer ein Modell „Vollton“; ebenso 18 halbmondförmigen Schalllöchern und ein Modell 20(I) mit 15 halbrunden Schalllöchern angeordnet in einem Kreis.

Todt Model Sichelform-Schallloch

Dieses ist ein elegantes Todt Modell mit Schalllöchern in Sichelform. Das Schlagbrett besteht aus Ebenholz und trägt den Ton- und Lautstärkeregler für den versteckten Rellog im Griffbrett.

Todt mit seltenen Griffbretteinlagen

Hier eine Todt von Tats Ohisa. Dieses Modell hat ebenso sichelförmige Schalllöcher aber eine exklusivere Ausstattung. Die Kopfplatte und das Ebenholzschlagbrett haben die 4-strahligen Auflagen. Besonders auffällig sind die aufwendigen Griffbretteinlagen aus Perlmutt. Hochglanz Saitenhalter, Aufstellsteg in „Ochsenform“ und ein abgerundeter Halsfuß unterstreichen die Eleganz des Instrumentes. Im Griffbrett befindet sich ein versteckter Rellog Gitona. Die Elektronik ist im Schlagbrett untergebracht.

© Tats Ohisa Jazzgitarren

Todt Migma

Diese Todt hat auf der Kopfplatte und dem Schlagbrett, 2-strahlige Einlagen. Sie hat eine rote, schattierte Lackierung und Schalllöcher die in Tropfenform nach außen laufen. Mechaniken, Saitenhalter und das V auf dem Potentiometer Knopf sind nicht original.

© Oliver Dürselen

Todt blond

Hier eine blonde Todt mit Schalllöchern in Tropfenform, die nach innen laufen. Dreieck Einlagen im Griffbrett. Der Saitenhalter, der Aufstellsteg in „gedrehter Ochse“ –Form sowie die weiße Perloidauflage auf der Kopfplatte sind typisch für Gitarren aus dem Vogtland.

© www.krassegitarren.de

Todt mit Wellensattel und schöner Perlmutteinlage

Diese Todt wurde über den Markneukirchner Händler THEOSTA “Heinrich Theodor Stark” vertrieben. Auffällig ist die reich verzierte Kopfplatte und ein Sattel in Wellenform. Diesen Satteltyp kenne ich bis jetzt nur von ASCHADO Gitarren.

Todt rot schattiert

Rot schattierte Todt mit Schalllöchern in Katzenaugenform. Korpus und Hals mit verstecktem Rellog sind original, alle angebauten Teile sind nachträglich angebracht!

© Rasguado

Todt Halbakustik

Die Bilder dieser außergewöhnlichen Todt Halbakustik Schlaggitarre habe ich in der Werkstatt von Karl-Heinz Neudel aufgenommen. Auf den ersten Blick fällt der ausgeschnittene Unterbug auf. Langezogene Schallöcher in Katzenaugenform und eine asymmetrische Wappenform des Korpus, geben der Gitarre ein ungewöhnliches Äußeres. Besonderes Augenmerk gilt der Kopfplatte. Ab diesem Zeitraum bekamen “Todt-Kopfplatten” ( mit einseitiger Mechanikführung) eine neue, ausgefallene Form. Ich nenne es die „große Beule“ die der Kopfplatte eine unverkennbares äußeres gibt. Diese Gitarre wurde von Karl-Heinz Neudel restauriert und bekam auf Wunsch des Kunden einen neuen Hals!

Todt Violin Gitarre

Eine späte Todt Halbakustik Gitarre in Violin Form. Hier wieder die Kopfplatte mit der „großen Beule“. Schalllöcher in einer schlanken Halbmondform. Basstonabnehmer der Fa. SIMETO. Das Schlagbrett und die Rückseitige Abdeckung der Halsverschraubung haben auch eine Form, wie man sie nur bei Todt findet. Die Elektronikträgerplatte hat eine eigenständige Form. Der Saitenhalter mit Vibratofunktion ist eine Weiterentwicklung des alten typischen Harfenformsaitenhalters. Neu sind die drei Metallstäbchen auf der Mittelstrebe.

Todt Violin Bass

Das passende Gegenstück zur Violin Gitarre. Bis auf den Saitenhalter, den Aufstellsteg in „Ochsenform” und die Form der Elektronikträgerplatte ist dieser Bass identisch mit der Gitarre.

Todt mit geteilten Schalllöchern

Bei dieser Gitarre bin ich nicht 100% sicher, dass es eine Todt ist aber es gibt viele Merkmale die dafür sprechen. Insbesondere die strahlenförmigen Auflagen auf Schlagbrett und Kopfplatte, die Kopfplattenform und die Griffbretteinlagen sprechen dafür. Ich gehe davon aus, dass diese Gitarren von dem Händler HEMOSCH in Auftrag gegeben wurde. Von HEMOSCH gibt es diverse Gitarren mit geteilten Schalllöchern die von unterschiedlichen Gitarrenbauern gefertigt wurden. Die geteilten Schallöcher findet man sehr selten im Vogtland.

Was mich noch ein wenig zweifeln lässt, ist die Korpusform. Die anderen Todt Modelle haben einen tief ausgeformten Ausschnitt. Es ist natürlich möglich, dass er auch diese Korpusform baute.

Quellen
4 Lindberg Kataloge
Bilder von mehr als 200 Gitarren
55 Bilder von datierten Instrumenten
Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten

Danksagung:

Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten.

Danksagung von Stefan Lob

Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten.

Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009