HERRNSDORF

Die Firma Gustav Herrnsdorf wurde 1865 durch Gustav Herrnsdorf gegründet als Händlerfirma. Diese Firma befand sich in der Adorfer Str. 12

Der Urgroßvater von Manfred Uebel hat den Namen gekauft aus der Konkursmasse der Firma von einem Reinhold Hammig (Verwandtschaft).

In den 20-iger Jahren hat der Vater von Herrn Uebel mit der Blockflötenproduktion begonnen, Großhandel lief weiter. Nach Auflösung von F.A. Uebel (Onkel von Herrn Uebel, hatte keine Kinder) wurde der Produktionsteil Bockflöten von Herrnsdorf übernommen, die Klarinettenproduktion ging nach Wohlhausen. Produktionsstätte Erlbacher Str. blieb erhalten bis Anfang der 70-iger Jahre. Vertrieb der Blockflöten ursprünglich über Herrnsdorf, nach Anschluss der Erlbacher Str. über HERWIGA (stand auf Flöten), nur Überschuss mit Namen Herrnsdorf. Für die Herstellung einer Blockflöte sind 80 Arbeitsgänge nötig, verkauft wurden sie für einen Spottpreis von 3,50 DDR-Mark, womit kaum der Materialpreis gedeckt war.

Um 1950/60 ging der Blockflötenbau sehr schlecht, deshalb wurden Sesselbeine, Truhen- und Tischbeine gedrechselt.
1964 wurde die Firma halbstaatlich, aus Gustav Herrnsdorf wurde „Herrnsdorf KG“, am 23.04.1972 wurde die Firma verstaatlicht und zum „VEB Blockflötenbau Markneukirchen“. Der Vater von Uebel blieb Chef bis 1977. 1978 erfolgte die Angliederung an den VEB MUSIMA, am 10.09.1990 kam es zur Schließung des Produktionsteils in der Adorfer Str. Bis August 1992 fand die Produktion noch in der Pestalozzisstr., Hauptwerk, statt. Danach erfolgte die Übernahme durch Herrn Hahl (Adler-Heinrich-Blockflöten)

Alexander-Heinrich-Blockflöten, Oebra-Brambach u.v.a. wurden von König in Zwota hergestellt. Alexander-Heinrich-Blockflöten-Versand fand in der Adorfer Str., vormals Johannes Adler, statt. Kam später zur MUSIMA.

E- Gitarren-Produktion

1953/54 Beginn der Produktion mit Radio-Jahn Markneukirchen und Goller aus Plauen, die sich „Elektroakustische Werkstätten“ nannten und den Verstärkerbau in der Plaunschen Str. betrieben. Die Entwicklung der Saiten übernahm Werner Paulus (Neffe von Ernst Paulus), heute Gebäude von Dr. Weiss & Partner, Breite Str.
In den 60-iger Jahren wurden jährlich ca. 6000 Stück für Sowjetunion hergestellt von ca.16 Beschäftigten. Jahresproduktion waren 8000 bis 9000 Stück. Bei der Verstaatlichung 1972 wurde diese Produktion beendet, da sie weit hinter Westniveau lag. Das Zelluloid wurde zunächst aus Klingenthal, später aus Altenburg geholt. Es wurde verleimt (Probleme mit der Haltbarkeit).

Zu den Gitarren und Bässen

Die Firma Herrnsdorf nahm im Gitarren und Bassbau eine Sonderstellung ein.

Durch die Kooperation und den Zusammenschluss mit „Radio-Jahn“ aus Markneukirchen und den „Elektroakustischen Werkstätten“ von Willy Goller wurde die Gitarren- und Bassproduktion hauptsächlich auf das Gebiet der elektrisch verstärkten Instrumente spezialisiert. Es gab Bezeichnungen wie „Elektro-Artist“ aber auch der Name Rellog (Willy Goller) wurde weiter verwendet. Passend zu den elektrischen Instrumenten gab es auch eine Verstärkerserie.

Es gab eine riesige Auswahl an Hawaii-Gitarren.

Hier eine sehr außergewöhnliche Idee. Eine Universal-Gitarre die man sowohl als Hawaii als auch als E-Gitarre verwenden konnte.
Originaltext des Katalogs: Elektro-Gitarre „Universa“
Eine Plektrum-Gitarre, die von jedem Gitarristen gespielt werden kann, als Konzert-, Schlag- oder Hawaiigitarre verwendbar.
Die Schlaggitarren wurden mit Rellog Gitona Abnehmern ausgerüstet oder bekamen Herrnsdorf (Goller) Mischpulte aufgesetzt.
© N. Schnepel MK Dorsten
Später waren Halbresonanz Schlaggitarren sehr beliebt. Oft mit sehr ausgefallenen Formen. Auch die Produktion massiver E-Gitarren lief auf Hochtouren und wie oben schon berichtet, wurden viele in die Sowjetunion geliefert.
© Banjoworld
Hier eine Auswahl an Verstärkern und Zubehör
Hier eine seltene Ausnahme!

Diese Gitarrenbilder findet man auf der Jazzgitarrenseite von Tats Ohisa. Eine hochwertige Schlaggitarre aus dem vollen Holz gearbeitet. Mit zweigeteilten Schalllöchern (Artur Lang Stil).

Diese Gitarre wurde sicher nur über Herrnsdorf vertrieben. Von Norbert Schnepel, vom Musikkeller Dorsten, habe ich weitere Bilder einer identischen Gitarre mit der Aufschrift „Purity“ bekommen. Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um eine Namensabkürzung sondern um eine Modellbezeichnung handelt. „Purity“ heißt „Reinheit“ und wird im Zusammenhang auch mit der reinen Intonierung eines Instrumentes verwendet. Den Spruch „perfect purity of intonation“ konnte man sicher damals schon in einigen vogtländischen Instrumentenprospekten finden. Diese Kataloge waren oft mehrsprachig!

Es wäre natürlich sehr interessant, zu erfahren, wer diese außergewöhnlichen Schlaggitarren gebaut hat.

© corurtesy of T. Ohisa, N. Schnepel MK Dorsten

Da sich Herrnsdorf sehr um die elektrische Abnahme von Instrumenten kümmerte, ist es auch nicht verwunderlich, dass sie einen elektrischen, massiven Kontrabass gebaut haben. Ich kenne nur zwei deutsche Firmen, die sich diesem Thema gewidmet haben. Framus und ihr berühmter „Triumph“ Bass und Herrnsdorf mit ihrem extravaganten „Elektro-Artist“ Bass im Katalog als „Elektro-Schlagbaß“ bezeichnet. Dieser ist natürlich mit einem Tonabnehmer von Willy Goller ausgestattet und es gab ihn in den unterschiedlichsten Designs und Farben.

© Stefan Lob schlaggitarren.de, Timo Kühl,

Michael Jannson ist ein Spezialist auf dem Gebiet der massiven, elektrischen Kontrabässe. In englisch kurz „EUB“ für „Electric Upright Bass“ genannt. Es gab (und gibt) weltweit viele Hersteller, die solche Bässe gebaut haben aber aus deutscher Produktion sind auch ihm nur diese beiden Hersteller bekannt. Falls jemand einen weiteren deutschen „vintage“ Hersteller solcher Bässe kennt, würden wir uns über Informationen freuen.

Heutzutage werden wieder viele solcher Bässe hergestellt und das auch in Deutschland.

Quellen
4 Lindberg Kataloge
Bilder von mehr als 200 Gitarren
55 Bilder von datierten Instrumenten
Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten

Danksagung:

Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten.

Danksagung von Stefan Lob

Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten.

Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009