“Diese Hopf habe ich gebraucht vom Erstbesitzer gekauft. Das Instrument wurde offensichtlich viel gespielt und dann einige Jahre vernachlässigt.
Material und Original-Zustand
Der Zustand ist gut, es gibt lediglich einen kleinen doppelten Riss in der Zarge, der wohl von einem Schlag herrührt. Außer den üblichen Nitrolackrissen und ein paar kleinen Macken ist sie vom Holz einwandfrei. Im Instrument befindet sich kein Aufkleber. Beim Baujahr tippe ich auf Mitte/Ende der 50er Jahre, was auch zum Alter des Verkäufers passen würde.
Das Instrument ist vollmassiv und farblos lackiert. Die Decke ist aus Fichte mit einer Parrallelbebalkung, Boden und Zarge sind aus schön geriegeltem Ahorn. Der Hals ist ebenfalls aus Ahorn, fünfschichtig, davon zwei Lagen aus einem dunkleren Hartholz. Er ist gerade und ohne Stahlstab. Mit .013er-Saiten ist er allerdings überfordert. Ein Halsbruch wurde professionell repariert. Das starke Halsprofil ist gewöhnungsbedürftig, was aber typisch für die Instrumente dieser Zeit ist. Trotzdem spielt sie sich gut wenn man mit wenig Kraft in der linken Hand spielt. In den unteren Lagen waren die Bünde abgespielt und das Ebenholz-Griffbrett wies einige tiefe Rillen auf. Perloideinlagen befinden sich an den Bünden 3, 5, 7 und 9, am 12. Bund ist die Einlage rot.
Die originale Mechaniken (drei auf einem Band) wurde vom Vorbesitzer gegen günstige geschlossene Schaller getauscht. Das Schlagbrett ist original, genau wie der Steg, Saitenhalter und Koffer. Das Binding der Decke ist sechslagig, am Boden zweilagig, ebenso das Halsbinding und das der F-Löcher, alles in schwarz-weiß-Tortoise. Die Zarge misst siebeneinhalb Zentimeter, der Korpus ist 41 cm breit, also gut 16 Zoll. Die Mensur beträgt 63 cm mit Nullbund, die Halsbreite am ersten Bund 42 mm, am 12. Bund 50 mm. Aufgrund der Größe und Bauart ist das Instrument leicht und sitzt angenehm am Körper.
Anpassungen und Elektrifizierung
Ich habe die Gitarre ungefähr drei Jahre gespielt wie sie war. Klanglich hat sie sich in der Zeit durchaus wieder entwickeln können. Abgenommen habe ich sie über ein Mikrofon. Jetzt habe ich aber doch ein paar Dinge in der Werkstatt von Christian Dörr machen lassen (www.gitarren-service.de). Die Bünde wurden erneuert und die Löcher im Griffbrett aufgefüllt. Die gerade Kunststoff-Stegeinlage wurde gegen einen Knochen ausgetauscht, der zudem der Griffbrettwölbung angepasst wurde um die Saitenlage zu optimieren sowie ein Pickup eingebaut. Der Riss in der Zarge ist unerheblich und wurde belassen. Die Mechanik versagte langsam, sie wurde gegen eine offene Schaller-Waverly-Kopie getauscht die sehr gut zum Instrument passt. Schön bei dieser Mechanik sind die kürzeren Achsen, was bei der schwach geneigten Kopfplatte von Vorteil ist. Um weitere Bohrlöcher zu vermeiden wollte ich einen Pickup zur Schlagbrettmontage. Um das schöne alte Schlagbrett nicht zu ruinieren habe ich es kopiert – leider gibt es dieses durchscheinende Zelluloid nicht mehr. An diesem sitzt jetzt ein Häussel Flat Jazzpickup, außerdem ein Lautstärkeregler. Optisch sind die Modifikationen sehr unauffällig.
Klang
Akustisch klingt die Gitarre hell aber warm und brillant in den Höhen. Trotz der schmalen Zarge ist sie recht laut, wenn auch eingeschränkt in der Dynamik. Die Bässe sind trocken, das Sustain ist erstaunlich lang. Ich habe gerne versilbert umsponnene Saiten für Selmer-Maccaferri-Jazzgitarren verwendet. Dicke Flatwounds waren mir persönlich zu dumpf.
Elektrisch gespielt ergibt sich ein ganz anderes Bild. Ich habe mich für den Humbucker entschieden, der sehr gut zu dem Instrument passt. Der Pickup klingt erstaunlich akustisch. Da ist sehr viel “Holz” im Sound, auch mit Flatwounds. An einem AER alpha klingt die Gitarre über den Pickup
sehr groß, voll und rund. Der typische Jazzsound eben. Eigentlich gefällt
sie mir jetzt elektrisch besser als akustisch…
Emotionales
Eine Liebe auf den ersten Blick. Gesehen, gespielt, gekauft. Für 200 Mark (!) ein echtes Schnäppchen. Die Gitarre wird regelmäßig gespielt – und macht Spaß. Auf Grund des Halsprofils sicher kein Instrument für Profis, aber auf alle Fälle eine der besseren “Vintage”-Gitarren. Interessanterweise habe ich bisher über das Internet nur einmal das gleiche Modell finden können. Eine genaue Zuordnung ist wohl nicht möglich.
Quellen 4 Lindberg Kataloge Bilder von mehr als 200 Gitarren 55 Bilder von datierten Instrumenten Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten Danksagung: Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten. Danksagung von Stefan Lob Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten. Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009