RESTAURATION EINER ROGER-SUPER-SPEZIAL NR. 401 von Herbert Rittinger

Historie:

Bei dieser Gitarre handelt es sich um ein sehr seltenes, von Wenzel Rossmeisl, im Jahre 1946 entwickeltes Modell.
Der Korpus hat 16,5 Zoll. Decke und Boden sind massiv, handgestochen und außergewöhnlich stark gewölbt. Ein Novum ist der tiefe, venezianische Ausschnitt, den es bis dahin noch nicht gab und der diesem Modell das unverwechselbare Aussehen verleiht.

Mehr Informationen über dieses Thema im ROGER-Artikel.

Die ROGER-SUPER-SPEZIAL Nr. 401 wurde 1952 von Roger Raimond Rossmeisl fertig gestellt und an den Gitarristen Teddy Goepner, einem Musikerkollegen von Thomas Buhé, verkauft. Dieser hat sie viele Jahre bei seinen Auftritten gespielt. Sein Sohn Christoph hat das Instrument nach dessen Tod geerbt.

Bild 1: Teddy Goepner mit ROGER 401, Band Wolfgang Günthert, Ende der 40er in Leipzig
Bild 2: Teddy Goepner mit ROGER 401, Band Wolfgang Günthert, Anf. der 50er in Leipzig
Zustand vor der Restauration

Viele Jahre Bühnenpräsenz, eingedenk diverser chirurgischer Eingriffe und jahrzehntelange, unsachgemäße Aufbewahrung haben der Gitarre stark zugesetzt.
Der Hals war krumm und unbespielbar, mit einem dilettantisch verleimten Bruch am Halsfuß. Das Griffbrett, nebst Einlagen und Bundstäben, sowie die seitlichen Ränder, befanden sich in einem desolaten Zustand. Es fehlten 2 Mechaniken.
Am Korpus hatten sich, im Bereich des großen Bugs, der Boden und die Decke von den Zargen gelöst. Der Zargenüberstand betrug teilweise mehr als 2mm. Die Bindings hatten sich großteils gelöst und die Lackierung befand sich in einem bedauernswerten Zustand mit unzähligen Beschädigungen. Dazu gab es 2 nachträglich in die Decke gebohrten Löcher für Potis.
Der Steg und das Schlagbrett waren über die Jahre abhanden gekommen.
Glücklicherweise existierten Bilder von der Gitarre im urtümlichen Zustand, die eine originalgetreue Reproduktion der fehlenden Teile ermöglichten.

Restaurationsbericht

Zuerst begann ich mit der Instandsetzung des Halses.
Als erstes wurde die Krümmung beseitigt. Danach folgte die komplette Überarbeitung des Griffbretts, einschließlich Einlagen und Bundstäben. Das lose und beschädigte Binding wurde repariert. Dann folgte die Sanierung des Halsfußbruchs. Das Ausräumen der miserabel verleimten Bruchspalte im Halsfuß war sehr mühselig und nur mit Spezialwerkzeugen zu bewerkstelligen. Das nachfolgende Verfüllen der Fuge war Routine.
Anschließend begann ich mit den notwendigen Arbeiten am Korpus.
Zuerst verleimte ich die Ablösung der Decke und des Bodens. Die Egalisierung der Zargenüberstände war der nächste Schritt. Es folgte das Verschließen der Poti-Löcher in der Decke. Mit Abstand die meiste Zeit nahm die Ausbesserung der Lackschäden und die anschließende Restauration der Oberfläche in Anspruch. Wegen der historischen Bedeutung hatte ich auf eine Neulackierung verzichtet. Weit über 200 Macken, Kratzer und Dellen mussten aufgefüllt und verschliffen werden. Durch nachfolgendes Patinieren konnte ich die ausgebesserten aber optisch störenden Schadstellen kaschieren. Zum Schluss folgte ein transparenter Überzug zur Versiegelung.
Nun mussten nur noch die Kopien von den fehlenden Hardwareteilen plus 2 passende Mechaniken angefertigt werden. Jetzt konnte die Endmontage erfolgen.
Mit der Vermessung und der Dokumentation war meine Arbeit beendet.

Ich bin sehr beeindruckt vom exzellenten Klang, der guten Ansprache und Bespielbarkeit und vom angenehmen Handling. Kein Wunder, dass dieses Konzept sich so großer Beliebtheit erfreut und deshalb so oft kopiert wurde.

Die Arbeiten im Einzelnen:

01. Schritt: Hals begradigt
02. Schritt: fehlende Bundstäbe ersetzt, alle Bundstäbe unterkoffert
03. Schritt: Bundstäbe abgerichtet, profiliert, Enden verrundet und poliert
04. Schritt: Griffbrett ausgebessert, geschliffen, nachgebeizt und poliert
05. Schritt: Hals-Bindings ausgebessert, verleimt und retuschiert
06. Schritt: Lack ausgeb., Bohrlöcher geschl., retusch., überlackiert u. poliert
07. Schritt: Mechaniken überholt
08. Schritt: lose Bindings am Korpus verleimt und verschliffen
09. Schritt: Decken- u. Bodenablösung am großen Bug verleimt
10. Schritt: Zargenüberstände egalisiert
11. Schritt: 2 Poti-Löcher in der Decke verschlossen
12. Schritt: Lackschäden ausgebessert, geschliffen und retuschiert
13. Schritt: patiniert, transparent überlackiert, geschliffen und poliert
14. Schritt: Spezialanfertigung verstellbarer Steg in Originalform
15. Schritt: Spezialanfertigung Schlagbrett in Originalform + Haltebügel
16. Schritt: Spezialanfertigung von 2 Einzelmechaniken
17. Schritt: montiert, besaitet und justiert
18. Schritt: dokumentiert und fotografiert

Datenblatt ROGER 401