Zustand vor der Restaurierung
- Schwarz überlackierte Decke und Boden
- Zargen im Unterbug beidseitig herausgedrückt, Binding fehlt teilweise
- Schalloch grob eingeschnitten
- Deckenriss
- Bünde ausgespielt, Griffbrettbinding teilweise gelöst
- Hals, Kopf grob mit Klarlack überpinselt
- Diverse Bohrungen, Löcher etc.
Ergebnisse
Einige wichtige Arbeitschritte werden im folgenden einen kurzen Einblick in den Arbeitsprozess geben.
Lack
Der Lösungsversuch war gleich erfolgreich. Die dicke schwarze Schicht besteht wahrscheinlich aus einem harzhaltigen, relativ weichen Spirituslack. Der darunter liegende Klarlack hingegen erscheint deutlich resistenter gegen Alkohol zu sein, Kratzversuche und Politur weisen aber auf Schellack hin, der durch sein Alter einen Teil seiner Löslichkeit eingebüßt hat. Man kennt dieses Phänomen von zu lange gelagerten Schellack.
Nach der langwierigen Entfernung der Bodenlackierung, zeigte sich die Rückseite in ihrer vollen blonden Pracht und leider auch ihre starken Gebrauchspuren. Besonders tiefe Macken und kleine Kratzer bieten dem schwarzen Lack natürlich beste Haftbedingungen. So muss jeder Fitzel einzeln mit der scharfen Messerspitze herausgepult werden. Der höchste Punkt der Wölbung ist bis aufs Holz durchgescheuert.
Hier muss die Ziehklinge vorsichtig angesetzt werden um die letzten schwarzen Pixel aus den Poren zu entfernen. Anschließend folgt die Versiegelung der abgenutzten und neugepulten Stellen mit klarem Schallack und anschließend die Politur. Der großen freien Stelle in der Mitte hilft eine gezielt aufgetragene Schicht Rubinschelllack sich wieder farblich in die Umgebung einzupassen.
Die Decke ist ein deutlich härterer Brocken. Hier findet sich wohl auch der Grund für die Schwarzlackierung. Der Besitzer scheint die angeschrammte Decke abgeschliffen zu haben. Und nach unbefriedigendem Zwischenergebnis die Farbschicht aufgebracht zu haben. Der weitgehend entfernte Deckenlack wird nun durch Rubinschellack und klaren Schellack neu aufpoliert.
Das Ergebnis ist eine schöne Lackierung, die ihre Geschichte nicht verbergen will. Mann kann die verschiedenen Gebrauchsspuren deutlich sehen, auch schwarze Lackreste in tiefen Macken verbleiben und belassen dem Instrument sein Alter.
Futter
Im Geigenbau kommt man häufiger in die Situation Futter einzulegen. Das Durchsetzen einer Decke bleibt aber die Ausnahme und Herausforderung. Das am Instrument grob eingesägte Schalloch muss von oben, ohne Abnahme der Decke eingesetzt werden. Die Leisten im Inneren verhindern eine Vergrößerung des Lochs nach innen.
Die sorgfältige und langwierige Holzauswahl lohnt sich. Sowohl die Grundstruktur des Holzes als auch Leimfuge und sogar die Übereinstimmung der Jahrringe über größere Abschnitte passt am Ende. Nach dem sorgfältigen Einpassen mit der Kreidemethode ist die Decke wieder fast im Urzustand. Die Retusche mit Pigmenten und Tuschen gibt dem Holz noch die nötige Färbung.
Zargen
Wie häufig bei alten Schlaggitarren ist bei diesem Stück der Boden so geschrumpft, dass sich die Zargen an mehreren Stellen abgetrennt haben und nun viel zu groß für den Boden geworden sind. Hier hielt keine Drücken, die Zargen müssen am Unterklotz eingekürzt und neu verleimt werden. Diese Langwierige Operation hat weitgehend Erfolg. Natürlich verbleiben durch die abgewetzten Ränder und Zargenkanten deutliche Spuren. Am Unterklotz wird ein Streifen eingesetzt, die Zargenspäne werden , wo nötig ersetzt durch angepasste Plastestreifen, die ein wenig die Verformungen der Ränder kaschieren sollen.
Hals und Kopf
Hals und kopf müssen von einer dicken Klarlackschicht befreit werden. Die Kopfplatte wird ohne Lackierung einfach hochgeschwabbelt und zeigt nun Glanz und schöne Tiefe.
Die originalen Mechaniken der Firma Rubner sind nicht mehr ganz vollständig und auch die Funktionalität ist stark eingeschränkt. Die Entscheidung fällt für optisch fast gleiche Mechaniken von Rubner, jedoch mit neuerer Technik und Holzflügeln.
Das Ergebnis nach der Restauration
Fazit
Am Ende einer langen Arbeitsphase liegt ein schönes Instrument vor mir, das ausgerüstet mit entsprechenden Pickups und aber auch akustisch durchaus interessante Ergebnisse bringt. Die schöne Arbeit von Heinz Seifert ist nun wieder umfassend zu erkennen, die schönen Hölzer tun das ihrige zu der Optik.
Auch wenn man sich bei einer solchen Restaurierung fast die Grenze der Wirtschaftlichkeit überschreitet, steht nun doch am Ende für den neuen/alten Besitzer ein vollständig und professionell nutzbares Instrument mit Charme und Persönlichkeit zur Verfügung. Für alle Seiten ein befriedigendes Erlebnis!
Quellen 4 Lindberg Kataloge Bilder von mehr als 200 Gitarren 55 Bilder von datierten Instrumenten Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten Danksagung: Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten. Danksagung von Stefan Lob Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten. Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009