ROAL „Rudi Kreul“

© Per

Rudi Kreul ist gelernter Geigenmacher mit Meisterprüfung und hat, wie so viele andere vogtländische Geigenmacher, auch Gitarren gebaut. Er wurde am 03.01.1925 in Markneukirchen geboren und absolvierte dort auch seine Lehre bei seinem Onkel Max Kreul. Mit 85 Jahren verstarb er am 19. November 2010 in Norwegen.


Nach dem zweiten WK ging es den Geigenbauern sehr schlecht, da es keine Nachfrage nach teuren Geigen gab. Besonders nach der Währungsreform 1948 waren die Zeiten extrem hart. Jeder Deutsche bekam 30,- Mark und keiner hatte Geld für teure Instrumente.

Rudi Kreul hatte durch seinen verstorbenen Vater gute Beziehungen nach Berlin und durch den Kontakt zu Berliner Musikern hörte er, dass es einen Bedarf für Schlaggitarren gab.

Er setzte sich sofort in seine Werkstatt, machte die ersten Entwürfe und baute seine ersten Gitarren. Mit den ersten zwei Schlaggitarren reiste er nach Berlin und versuchte diese zu verkaufen. Durch einen Geiger beim RIAS Berlin konnte Rudi Kreul zum ersten mal eine GIBSON L5 sehen. Wie er mir sagte, fotografierte er diese Gitarre mit seinen Augen und als er wieder Zuhause war, überarbeitete er seine ersten Entwürfe noch einmal. Er erzählte mir auch, dass die Beschäftigung und besonders die Entwicklung seiner Schlaggitarren ihm besonders viel Freude bereitet habe, da er als Geigenbauer keine Möglichkeiten hatte zu experimentieren. Er sagte: „Stradivari hat schon das beste aus einer Geige herausgeholt, da blieben für uns Geigenbauer kaum Spielräume neues auszuprobieren!“ Er entwickelte einen Korpusgrundtyp. Dieser zeichnete sich dadurch aus, dass er in Geigenbautradition, mit einem kleinen Daumenhobel, eine sehr tiefe Hohlkehle ausformte und er verwendete Material aus dem Cellobau.

Es gab zwei Hauptmodelle:
© Katrin Kreul (Rudi Kreul 2009 mit einer RUBIN)

Die Rubinrote hieß „RUBIN“ und eine blonde nannte er „DIAMANT“. Mit diesen Gitarren ging es wieder nach Berlin und er hatte großen Erfolg bei den Musikern. Er bekam für seine Gitarre 500,-DM. Das war zu dieser Zeit enorm viel Geld. Jetzt war Ihm klar, dass die Produktion von Schlaggitarren der richtige Weg war um seinen Beruf als Instrumentenbauer weiter auszuüben und er konnte genug Geld verdienen um seine Familie zu ernähren. Rasch stieg die Nachfrage nach seinen Instrumenten und er begann sie auf Messen und Ausstellungen zu zeigen. Er hatte auch schon die ersten Kontakte zu ausländischen Händlern geknüpft. Darunter auch ein norwegischer Händler, den er auf der West-Berliner Exportausstellung “Deutsche Industrie Ausstellung” im Oktober 1950 kennen lernte. Dieser sollte im Verlauf seiner Biografie noch eine wichtige Rolle spielen. Das Geschäft blühte und die Käufer kamen sogar aus Berlin nach Markneukirchen um bei ihm persönlich Instrumente zu bestellen.

Dann gab es einen unglücklichen privaten Zwischenfall. Die gesamte Geschichte zu erzählen, würde den Rahmen hier sprengen, denn in diesem Artikel geht es ja um seine Gitarren; aber soviel sei gesagt: „Er wollte bei einem Streit einem Familienmitglied helfen und bekam dadurch selbst arge Probleme!“.

Dieser Zwischenfall führte dazu, dass er fluchtartig die DDR mit seiner Frau und seiner Tochter verließ. Er flüchtete zuerst nach Berlin und kam dann mit seiner Familie nach Hamburg. Der Kontakt zu dem vorher erwähnten norwegischen Händler half Ihm, in Norwegen ein neues Leben zu beginnen. Er konnte wieder in seinem gelernten Beruf als Geigenbauer arbeiten und eröffnete in Norwegen eine Werkstatt; später war er Mitinhaber des Musikgeschäfts “Hornaas Musikk AS”.

Ich sprach noch zu Lebzeiten mit Ihm und er erzählte mir, dass seine neue Leidenschaft, als Pensionär, Blumen sind. Geigen baute er mit 84 Jahren keine mehr denn er konnte leider nicht mehr gut sehen. In Norwegen hat er eine zweite Tochter bekommen und wie er mir sagte, fühlte er sich dort sehr wohl.

Jetzt zu den Gitarren

Dieses Modell ist eine Spezialanfertigung für die Leipziger Messe 1952/1953. Es gab zwei von diesen Gitarren und sie sollten ein „Blickfang“ für seinen Messestand sein.

Diese Schlaggitarre ist ein sehr auffälliges Exemplar. Besonders erwähnenswert ist das komplett versilberte Metallzubehör, bestehend aus einem Schlagbrett (mit Plektrumhalter), Saitenhalter, Armstütze und Kopfplatte. Er entwickelte alles selbst und sagte mir, dass er bis dato noch nichts von Artur Lang gehört hatte und die Idee mit der Kopfplatte aus Metall von ihm selbst stamme.


Die Gitarre ist in Geigentradition mit einer Fichtendecke ausgestattet. Der Boden und die Zargen sind aus Ahorn. Der Hals ist 5-fach gesperrt und mit dem Korpus verschraubt. Die dreieckigen Griffbretteinlagen findet man sehr oft bei Gitarren aus dem Vogtland, aber Rudi Kreul sagte mir, dass er die Idee dazu hatte. Die Decke und der Boden sind mit einer Wölbung mit Hohlkehle aus dem Vollen ausgearbeitet.

Der Steg ist ein Originalsteg aus dem Vogtland. Man nennt dort die Form der Stege „Ochse“. Wenn beide Füßchen nach einer Seite stehen ist es ein „Ochse“ und wenn sie nach zwei unterschiedlichen Seiten herausragen nennt man es einen „verdrehten Ochsen“. Diese Stege sind auf den vogtländischen Gitarren oft zu sehen und sind daher auch ein typisches vogtländisches Merkmal.

Die tropfenförmigen Schallöcher sind sehr elegant ausgestochen und die Linien laufen sehr schön entlang der Hohlkehle. Das Schlagbrett wurde so ausgeformt, dass diese eleganten Schallöcher nicht überdeckt werden.

Unter dem Griffbrett befindet sich ein „versteckter Tonabnehmer“. Ein „Rellog GITONA“ Tonabnehmer von Willi Goller. Die beiden Buchsen für die Bananenstecker befinden sich an der Unterseite im Boden in der Nähe der Halsanbindung. Sie sind durch die Zierstreifen gebohrt. Bei anderen Gitarren läuft das Kabel durch den Halsfuß, was ich persönlich als die schönere Variante ansehe, da zum einen nicht durch das schöne Binding gebohrt werden muss und zum anderen beim abgeschraubten Hals alles an einem Element befestigt ist.

Eine sehr interessante Gitarre


© vintageaudio

Hier eine ganz mysteriöse Angelegenheit

Diese Gitarre mit der Aufschrift ROAL auf der Kopfplatte wurde bei eBay verkauft.

Ich habe mit Rudi Kreul über diese Instrument gesprochen. Er glaubt nicht dass er es gebaut hat (war sich aber nicht 100% sicher). Wir haben uns gemeinsam ausgetauscht und es könnte sein, dass diese Gitarre aus Teilen seiner Werkstatt und den vorhandenen ROAL Logos gebaut worden sein kann. Es wäre interessant mal in die Gitarre zu schauen, da Rudi Kreul alle seine Gitarren innen gezeichnet hat.

Dieses Instrument ist optisch deckungsgleich mit den Gitarren von HEIZ SEIFERT.
Vor allem die Schallöcher zeigen einen deutlichen Unterschied zur ersten und nachfolgenden Abbildung.
Wie schon erwähnt, stammt die Form von der GIBSON L5 ab und wurde von mehreren vogtländischen Gitarrenbauern kopiert.

© vintageaudio

Auch dieses Roal-Bild wurde mir, netterweise, von VINTAGEAUDIO zur Verfügung gestellt.

Hier handelt es sich auch um ein symmetrisches Modell.

Dieses Modell war ein Versuch, mit einer Farbverlauf-Lackierung zu arbeiten aber es gab wohl nicht viele davon.

Deutlich ist auf der Decke der Abdruck der Brücke zu sehen. Es war eine Brücke in „Ochsenform“!

Hier sind die tropfenförmigen Schallöcher wie bei der Gitarre mit den Mettalteilen in einer eleganten Linienführung entlang der Hohlkehle ausgestochen.

Auch wieder die eingelegten Dreiecke auf dem Griffbrett.

Auf der holzfurnieren Kopfplatte ist der ROAL Schriftzug zu sehen.

Ich bedanke mich ganz recht Herzlich bei Rudi Kreul für das das sehr nette Gespräch,
welches ich mit Ihm am19.01.09 geführt habe.

Vielen lieben Dank an seine Tochter Katrin Kreul, für die schönen Fotos und Per Weiler für den Kontakt zur Familie Kreul.

Ich würde mich über weiter Fotos von anderen ROAL Gitarren sehr freuen.

Quellen
4 Lindberg Kataloge
Bilder von mehr als 200 Gitarren
55 Bilder von datierten Instrumenten
Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten

Danksagung:

Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten.

Danksagung von Stefan Lob

Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten.

Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009