Wolfgang Hüttl

Artikel von Stefan Lob

Biografie Daten - R. Hüttl (Sohn von W. Hüttl)

Wolfgang Hüttl wurde am 26.06.1921 in Schönbach im Egerland geboren. Er ist 1946, nach der Vertreibung der Sudetendeutschen, in Bubenreuth angekommen. Dort gründete er die Fa. W. Hüttl. Seine Frau war die Tochter von Rosa Klier (Besitzerin Fa. Klier) und die kaufmännische Leiterin des Betriebs.

Die Fa. Hüttl hatte eine eigene Werkstatt und beschäftigte einschließlich Heimarbeiter ca. 50 Angestellte. In den besten Zeiten wurden bis zu 500 Gitarren pro Tag versandt (Eigenbau und Handelsware). Die Firma existierte bis 1983.

Hauptsächlich wurden Gitarren und Bässe gebaut (mehr Akustische Modelle, weniger massive E-Gitarren). Es gab ein paar Sonderanfertigungen von Hackbretter und Balalaiken, meistens als Messemuster oder in ganz kleinen Stückzahlen.
Alle Instrumente wurden vom Betrieb angefertigt bis auf die letzten Jahre, da wurden, aus wirtschaftlichen Gründen, zusätzlich Gitarren aus Asien importiert. Wolfgang Hüttl verstarb am 25.12.1995.

Zu den Gitarren

Wolfgang Hüttl hatte einen Hang zu besonders expressiven Formen und einem außergewöhnlichem Design. Neben dem Standartprogramm sind die OPUS Modelle für die Schlaggitarrenfreunde besonders Interessant.


©HR

OPUS 59

  • Boden und Zargen in Mahagoni und Ahorn Intarsien gestreift
  • Massive Fichtendecke oder laminiert
  • Schallöcher in stilisierter H-Form
  • Saitenhalter mit Holzeinlage und Opus 59 Logo
  • Kopfplatte und Schlagbrett im gleichen, gestreiften Design
  • Mechaniken mit Beinwellen und Schmetterlingsflügeln
  • 5-Fach gesperrter Hals mit Stahlstabeinlage

Hier eine Bericht von Herbert Rittinger über eine Opus 59 Restauration!


© RS

OPUS 60

  • Boden in Palisander
  • Zargen in Palisander und Ahorn gestreift
  • Kopfplatte und Schlagbrett im gleichen, 3 Streifen Design
  • Opus Logo auf dem Schlagbrett
  • Schallöcher in stilisierter H-Form
  • Mechaniken mit Beinwellen und Schmetterlingsflügeln
  • Mehrfach abgesperrter Ahornhals in natur


© MK Dorsten / anonym mit BR

OPUS 61

Leider habe ich keine Katalogbilder einer 61 aber ich denke die Gitarre rechts, mit der rot gebeizten Decke, könnte dieses Modell sein.

Die Gitarre links hat sehr viel Ähnlichkeiten besonders die Rauteneinlage in der Kopfplatte. Der Rest sieht sehr nach dem Lindberg Modell „Bella Nova“ aus.

OPUS 62

  • Sehr ausgefallenes Modell in Wappenform
  • Korpus aus Nussbaum / Hals aus Ahorn mit verstellbarem Stahlstab
  • Ausgefallener Saitenhalter
  • Schalllöcher in Schlitzform

OPUS 63

  • Kleine Halbresonanz Schlaggitarre
  • Elektronik – Mischpult mit 2 TA
  • Ungewöhnlich einfache Bauart für eine Gitarre aus der OPUS Serie

OPUS 64

  • Halbresonanz Schlaggitarre in Wappenform
  • Decken und Boden in einer Gold-metallic-Effekt Lackierung
  • Zarge wurde mit einem hochglanzpolierten Plastikstreifen eingefasst
  • Verstellbarer Mahagoni-Hals
  • Moderne Elektronik mit einer Tremolo Effektschaltung

OPUS “Bella Nova”

Sondermodell “Bella Nova” für das Musikhaus Lindberg angefertigt

Mehr OPUS Modelle sind mir nicht bekannt.

Viele W. Hüttl Gitarren sind äußerst extravagant und außergewöhnlich. Zum Teil sind es Einzelanfertigungen und Sondermodelle die er designt und meistens für Messen hat bauen lassen.

OP-ART

Op-Art bezeichnet die Kunstrichtung Optical Art. Op-Art ist eine Form der Malerei die mit der optischen Wahrnehmung des Betrachters spielt. Mit Hilfe von geometrisch abstrakten Formmustern und Farbfiguren sollen im Auge des Betrachters Bewegungs- und Flimmereffekte hervorgerufen werden, die zu optischen Täuschungen führen können. Die Op-Art gibt es seit den 50er Jahren aber Mitte der 60er Jahre wurde sie so beliebt, das Sie auch im Alltag Einzug hielt und es Gebäude mit Op-Art Anstrich gab oder, wie hier, eine ausgefallene Gitarre mit Op-Art Einlegearbeiten. Hüttl war nicht der Einzige; bei Rodebald Hoyer gab es einen Prototyp einer massiven E-Gitarre mit Op-Art Lackierung. Entwickelt wurde Sie von Hoyers Mitarbeiter Karl Haberfellner.

Neben dem Op-Art Design fällt die asymmetrische Formgebung mit einem doppelten Ausschnitt auf. Die extrem ungewöhnliche Kopfplatte mit einer „eingedrehten Schnecke“ am Ende, ist ein echter Blickfang. Auch die Schalllöcher in verschiedenen Formen sind in Op-Art Stil gestochen.

Beat 67

Die Beat 67 ist vom Grundmodell eine Op-Art mit floralen Einlagen aus edlem Furnier, passend zur Flower Power und Hippie Bewegung Ende der 60er Jahre. Die Schalllochform entstand aus der gespiegelten Form einer floralen Einlage. Das Katalogmodell hat auch die extravagante Kopfplatte der Op-Art. Die Beat 67 rechts, von Arjen Ehlers, hat eine einfachere symmetrische Kopfplatte.


© Arjen Ehlers

Auf der Webseite der kanadischen Gitarrenbauerin Nicole Alosinac, finden sich weitere Bilder einer restaurierten, außergewöhnlichen Hüttl. Diese besitzt auch die Kopfplatte mit der Schnecke und die Schallöcher haben die stilisierte H-Form. Die Zargenhöhe ist höher als bei der Op- Art und der Beat 67.

Hüttl mit konkaver Decke

Diese Hüttl, von Herbert Rittinger, ist sicherlich ein späteres Modell aber an Extravaganz kaum zu Übertreffen. Ein Korpus in Wappenform mit hohen Zargen die mit 6 Teak-Furnierstreifen, in 3 verschiedenen Breiten eingelegt sind. Decke und Boden wurden mit einer schwarz/weißen Ziereinlage umfasst, wobei sich die kleinen Perloidstücke wie in einer Kette aneinander reihen. Auch das ovale Mittelschallloch und die Schalllöcher in extrem breiter Sichelform sind mit der gleichen Verzierung eingefasst. Dieses Bild findet sich in den Dreieckseinlagen des Griffbrettes wieder, welche schwarz/weiß streifig unterteilt sind.

Auf den ersten Blick fällt die große Einlegearbeit auf der konkaven Decke (Innenwölbung) aus Teakfurnier auf. Diese findet sich im leicht gewölbten (normale Außenwölbung) Boden wieder. Das extravagante Äußere dieser Gitarre wird abgerundet durch die asymmetrische Kopfplatte mit eigelegtem Hüttl Logo in Palisander, einem eingefassten Palisander Rand und einer “4 oben – 2 unten“ Aufteilung der Mechaniken. Der Hals hat einen verstellbaren Stahlstab, ein Palisander Griffbrett und ist mit Ahornstreifen, vielfach (multiplex) verleimt. Das edle Äußere rundet ein Sattel und ein Aufstellsteg (sehr hoch aufgrund der Innenwölbung) aus Ebenholz ab.


© HR

COMET

  • Auffällige Halbresonanz Schlaggitarre mit einer ungewöhnlichen, asymmetrischen Doppelausschnitt-Form des Korpus
  • Braun schattierte Lackierung
  • Mehrteilige Perloidrandeinlagen
  • Halseinlagen aus Perlmutt
  • Schlagbrett in einer Nierenform
  • Saitenhalter mit Tremolo
Standard Programm „Schlaggitarren“


© Pique Dame von Jan Marek

Hüttl Halbresonanzgitarren
Massive E-Gitarren von Hüttl


anonym mit BR

Hier zwei ausgefallene 12 Saitige Hüttl Gitarren
Bässe von Hüttl


© lordbizarre

Von links nach rechts:
1) Elbasso – erinnert mit ihrer Wappenform ein wenig an die Opus 62, ausgefallene Schalllöcher in der Form eines Bassschlüssels

2) Dieser Bass ist mit Sicherheit von Hüttl. Auf der Tats Ohisa Jazzgitarrenseite findet man im Bereich Hüttl eine Doppelhals Gitarre/Bass (ganz unten). Diese hat identische, kleiner werdende, dreieckige Schallöcher in halbrunder Anordnung.

3) Typisch für Hüttl! Wenn schon ein Bass in Violinform, dann bitte mit einem ganz eigenem Design

4) Beat Sound – Ausgefallene Korpusform wie die 12-Saitige Hitmaker

Akustik Gitarren von Hüttl
Spanische Modelle von Hüttl
ELKOMPA Gitarren

Diese „elektrische Kompaktanlage“ mit Verstärker und integriertem Lautsprecher wurde in diverse Gitarrenmodelle eingebaut. Zuerst versuchte man in der Fa. Hüttl einen Einbau-Verstärker incl. Lautsprecher für Akustikgitarren selbst zu konstruieren aber sie wurden von einem Koreanischen Hersteller, in der Entwicklung überholt. Von diesem wurden dann die fertigen „Folkamp“ gekauft und in Hüttl Gitarren eingebaut.

Leopold Müller aus Bubenreuth „LEOMA“ war ein Händler der viele Hüttl Modelle im Programm hatte


© Stefan Lob schlaggitarren.de

Endbetrachtung
Für mich ist Wolfgang Hüttl der kreativste und extravaganteste Gitarrenbauer aus Deutschland. Neben den „Standard-Verkaufsgitarren“ die das Werk und die vielen Mitarbeiter finanzierten gab es immer eine Kreativline die Wolfgang Hüttl einen besonderen Ruf unter den deutschen Gitarrenbauern sichert.

Ich suche dringend original Bilder von Hüttl Gitarren um die Katalogbilder zu ergänzen!

Quellen
4 Lindberg Kataloge
Bilder von mehr als 200 Gitarren
55 Bilder von datierten Instrumenten
Untersuchung von mehr als 30 Instrumenten

Danksagung:

Vielen Dank an Stephen Candib, Simon Deobald, Frankpaush, Johann Frisch, Rolf Gückel, Kim Jensen, Herbert Rittinger, Ol'Fret , Snap, Wietse und viele andere Teilnehmer des "Euroguitars Forums" und viele eBayer weltweit, die mir Bilder und anderes Material zur Verfügung stellten.

Danksagung von Stefan Lob

Vielen Dank an Kield "Lacquercracks" für diese sensationelle Bestimmungshilfe, Herrn Martin Haberfellner für die vielen Informationen, Herbert Rittinger der mich als erster auf Rod. Hoyer Gitarren aufmerksam machte und durch ein Aufkleber in einer seiner Gitarren auch den Herkunftsort nennen konnte. Durch diese Informationen war es mir erst möglich weiter zu forschen. Natürlich auch Dank an die zahlreichen Leser und Freunde, die dieses Projekt unterstüzten.

Kield "Lacquercracks" und Stefan Lob für "www.schlaggitarren.de" im Dezember 2009